Das Chaos beherrschen

Das Chaos beherrschen
Ordnung braucht nur der Dumme, das Genie beherrscht das Chaos! - Albert Einstein

Diese Worte von Albert Einstein sind den meisten Menschen zumindest im deutschen Sprachgebrauch bekannt. Ob sie wahr sind kann nur jeder für sich entscheiden. Vor allem kann man aber auch über die Auslegung dieser Worte streiten. Denn das Chaos zu beherrschen kann in meinen Augen auch bedeuten es in eine gewisse Ordnung zu bringen. Vielleicht nicht unbedingt eine Ordnung die jeder andere Mensch sofort nachvollziehen kann, aber doch eine Ordnung die unter Umständen auch nur im Kopf des Menschen herrscht, der sie aufgestellt hat. Wobei vielleicht auch damit gemeint ist, dass das Genie in der Lage ist sein eigenes Ordnungssystem aufzustellen und danach zu leben und der sprichwörtliche Dumme darauf angewiesen ist, dass ihm ein solches System der Ordnung vorgelebt wird und er sich danach richtet. Vielleicht lässt sich also sagen, dass die Schwäche des Dummen ist, dass er mit der Unordnung generell nicht umgehen kann, sondern darauf angewiesen ist in einer ordentlichen Umgebung zu leben, weil er sonst im Chaos versinkt. Andersherum das Genie in der Lage ist sowohl mit Ordnung als auch Chaos umzugehen. Man kann auch sagen, dass das Genie immer in der Lage ist für sich eine innere Ordnung aufzubauen und aus diesem Grund nicht zwingend eine äußere Form davon benötigt.

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Was mich zu diesen Gedanken nun bringt? Das lässt sich nicht einfach beantworten und doch ist es sehr einfach. Ich habe mich selbst meinem Chaos gewidmet und habe versucht Ordnung in das Chaos zu bringen. Nun durfte ich mich entsprechend fragen, ob ich dumm bin, weil ich nicht mehr in der Lage bin mein Chaos generell zu kontrollieren oder ob ich vielleicht gerade jetzt das Genie bin, weil ich meine inneren Strukturen und meine innere Ordnung herstelle, um das Chaos wieder zu beherrschen.

Doch wie äußert sich für uns Menschen so ein Chaos? Ich kann nur aus meiner persönlichen Sicht sprechen und vielleicht noch die ein oder andere merkwürdige Verknüpfung zu anderen Gesichtspunkten des Chaos bringen. Für viele Menschen heißt Chaos einfach nur Unordnung. Doch wann ist Ordnung Unordnung und Unordnung Ordnung? Dies kann ein sehr subjektiver Eindruck sein, weil jeder Mensch einen anderen Blick auf Ordnung und Unordnung hat. Wie ich darauf komme? Sehen wir uns das Ganze doch aus einem mathematischen Gesichtspunkt an. - Ich kann übrigens gerade selbst nicht glauben, dass ich die Mathematik als Beispiel nehme. - Ich gebe ein paar Zahlenreihen als Beispiel an, die für viele Menschen eine gewisse Ordnung besitzen und für andere einfach nur willkürliche Ziffer darstellen.


Exkurs in die Mathematik

Reihe 1: 0 - 2 - 4 - 6 - 8 - 10 - 12 - 14 - 16
Reihe 2: 1 - 2 - 4 - 8 - 16 - 32 - 64
Reihe 3: 1 - 4 - 9 - 16 - 25 - 36 - 49 - 64 -81 - 100
Reihe 4: 0 - 1 - 1 - 2 - 3 - 5 - 8 - 13 - 21 - 34
Reihe 5: 1 - 1 - 2 - 6 - 24 - 120 - 720
Reihe 6: 2 - 3 - 5 - 7 - 11 - 13 - 17 - 19
Reihe 7: 5 - 10 - 8 - 16 - 14 - 28 -26

Jede dieser Reihen besitzt eine gewisse Logik und ist in diesem Fall wohl noch relativ einfach zu verstehen. Die erste Reihe an Zahlen lässt sich mit dem kleinen Ein-Mal-Eins gut nachvollziehen. Es handelt sich dabei, wie vermutlich schnell zu erkennen war, um einen Ausschnitt der Zweier-Reihe.

Ähnlich einfach dürfte auch die zweite Reihe erkennbar sein, wenn man sich noch ein wenig an die Schulmathematik erinnert. Hierbei handelt es sich um die Reihe der Zahlen 2^n.

Nun dürfte es ebenfalls einfach werden. Die dritte Reihe zeigt die Quadratzahlen von 1 bis 10.

Mit der vierten Reihe dürfte es jetzt aber schon etwas kniffliger werden. Doch hier zeigt sich langsam welches Gehirn in der Lage ist ein gewisses Maß von Ordnung zu erkennen. Denn während die ersten vier Fälle alle von Multiplikationen handelten und dementsprechend das Vielfache von bekannten Zahlen waren, die wir auch oft in unserem Schulalltag durchnehmen durften, so handelt diese Reihe von Summen und nicht etwa von irgendwelchen Summen, sondern immer von den Summen der vorangegangenen Zahlen.

  • 0+1 = 1
  • 1 + 1 = 2
  • 1 + 2 = 3
  • 2 + 3 = 5

Und von hier lässt sich das Spiel ewig weit führen. Das System dieser Reihe lässt sich relativ einfach erkennen, wenn man sich die einzelnen Zahlen ansieht. Dafür ist es aber nötig, dass man immer fast schon eine Hand von Werten vergleicht. Nämlich drei Zahlen und die Abstände zwischen diesen Zahlen und wie sich diese ergeben. Bei den vorherigen Reihen reichte meist dafür, dass man eine Zahl mit ihrem Nachbar direkt vergleichte oder sogar nur eine Zahl für sich  betrachtete. Die hier vorgestellte Reihe besitzt übrigens einen Namen und gehört zu den bekanntesten mathematischen Reihen die wir kennen. Es handelt sich hierbei um die Fibonacci-Zahlen.

Die fünfte Reihe im Bunde besitzt ebenfalls wieder ein eigenes System. Doch dieses ist schon weitaus schwerer herzuleiten, weil der Aufwand der Rechenoperationen sich vergrößert hat. Hierbei handelt es sich um die Reihe der Fakultäten. Die Fakultät ist eine mathematische Operation, bei der die Zahlen in einer Reihe multipliziert werden. Sie wird mit einem Ausrufezeichen ausgezeichnet.

  • 0! = 1 = 1
  • 1! = 1 * 1 = 1
  • 2! = 1 * 1 * 2 = 2
  • 3! = 1 *1 * 2 *  3 = 6
  • 4! = 1 * 1 * 2 * 3 *4 = 24
  • 5! = 1 * 1 * 2 * 3 * 4 * 5 = 120
  • 6! = 1 * 1 * 2 * 3 * 4 * 6 * 6 = 720

Für manche Menschen lässt sich auch diese Reihe noch sehr schnell erkennen, weil die Zahlen in direktem steigenden Bezug zu einander sind. Damit ist gemeint, dass sie sehr schnell erkennen, dass jedes Folgeglied der Reihe einfach mit einem Faktor multipliziert wird, der um die Zahl 1 erhöht ist. Es kann sogar vorkommen, dass Menschen solch eine Beziehung einfacher erkennen, als eine solche bestehend aus Summen oder Differenzen.

Die sechste Reihe ist nun etwas Besonderes. Sie fällt dadurch auf, dass sie eben keine besonderen Gemeinsamkeiten besitzt. Um wieder zum Thema Ordnung und Chaos zurückzukommen, ihre Ordnung liegt im Chaos und wenn man so nachdenkt, versuchen die Menschen seit jeher herauszufinden, wie sie diese Zahlen in ein Ordnungssystem bekommen können. Es handelt sich hierbei um die ersten Zahlen der Primzahlenreihe. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen unterschiedlich Ordnung und Chaos wahrnehmen können und dementsprechend eine subjektive Sicht darauf haben. Es gibt nämlich Menschen, die sofort die Ordnung in diesen Zahlen sehen, indem sie sagen, dass sind alles Primzahlen. Für andere Menschen lässt sich in Ihnen aber nur das Chaos erkennen.

Nun als Abschluss dieses kleinen Exkurses die siebte Reihe. Hierbei handelt es sich um einen Typ Reihe den wir gerne in Rätseln oder auch Intelligenztests finden. Es ist ein kleines Rätsel in dieser Reihe versteckt. Denn sie besteht aus alternierenden Querverweisen. Die erste Zahl wird verdoppelt, von der zweiten Zahl wird die Zahl zwei abgezogen, dann wird die darauffolgende Zahl wieder verdoppelt und so geht das Spiel immer weiter. Diese Art Rätsel lässt sich beliebig verkomplizieren. Sie kann zum Beispiel auch mit einer der vorangegangenen Folgen kombiniert werden, um kompliziertere Abstände vorzugeben. Die Regelmäßigkeiten können also immer undurchsichtiger werden und damit auch das Chaosempfinden für die meisten Menschen. Gleichzeitig ist diese Reihe aber eigentlich in sich streng logisch und geordnet.

Damit möchte ich diesen doch etwas länger gewordenen Exkurs in die Mathematik beenden.


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Nun was lässt sich nun hierbei nun feststellen? Das Chaos ist überall um uns herum, doch eigentlich besitzen die chaotischsten Dinge auf gewisse Weise doch ihre persönliche Ordnung. Dementsprechend sind Chaos und Ordnung in gewissem Maße natürlich naturgegeben und doch gleichzeitig auch subjektiv. Was heißt es also, wenn das Genie das Chaos beherrscht? In meinen Augen nichts anderes als dass das Genie in der Lage ist die Ordnung im Chaos zu erblicken.

Nun muss ich aus meiner persönlichen Sicht aber sagen, dass ich dadurch in jedem Menschen ein Genie erkenne. Zumindest so lange die Person in ihrem denken ansatzweise offen bleibt. Was ich damit meine? Ich möchte damit ausdrücken, dass jeder Mensch der sich gelegentlich hinsetzt und seine Gedanken ordnet, jeder Mensch der ein Sudoku löst, der irgendwelche anderen Rätsel und Probleme angeht oder sogar nur seine Rechnungen sortiert auf gewisse Weise ein Genie ist. Warum? Weil diese Person sich bemüht ein eigenes Ordnungssystem zu entwickeln und nicht alles nur gegeben nimmt. Manche Ordnungssysteme sind vielleicht nicht so extravagant wie andere und dementsprechend vielleicht nicht so effektiv. Dafür können sie aber verständlicher für andere Menschen sein. Andere sind vielleicht schon wieder so einfach, dass sie zu unpräzise sind und dementsprechend den Informationsgehalt nicht richtig festhalten. Nicht jedes Ordnungssystem ist für jede Person gut und nicht jeder Mensch definiert Ordnung identisch. Es soll Menschen geben die besser in Netzstrukturen ihre Informationen organisieren, andere in Boxen, wieder andere in Listen. Es kann vorkommen, dass Systeme kombiniert werden, so wie in der Mathematik eine Reihe aus Multiplikation und Addition kombiniert werden konnte und was entsteht daraus? Ein neues Ordnungssystem, dass einem selbst die Sicherheit gibt, dass eigene Chaos zu beherrschen und anderen vielleicht das Gefühl gibt, dass sie dumm sind, weil sie die Ordnung im Chaos nicht erblicken.

Ich für meinen Teil empfinde das Thema Ordnung und Chaos als sehr interessant. Es bietet viel Platz zum Philosophieren und alles um uns herum ist bestimmt von Chaos und Ordnung. Was wir erblicken liegt an uns.